Django Unchained

Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal mit einem so breiten Grinsen aus dem Kino gekommen bin. Und das hat jetzt gar nichts mit irgendwelchen schmutzigen Dingen in der letzten Reihe zu tun. Nein – es war tatsächlich der Film. Der war zwar auch schmutzig. Aber dafür auch unglaublich unterhaltsam.

Am Donnerstag war ich nun auch im neuen Meisterwerk von Quentin Tarantino. Django Unchained, freigegeben ab 16 Jahren, Laufzeit 165 Minuten und endlich einmal wieder ein Film nicht in 3D. Ich musste die letzten Meter zum Kino rennen. Eine Sperrfrist hatte mich zuvor noch an den Bürostuhl gefesselt. Und so verpasste ich nicht nur Werbung und Trailer, sondern auch die ersten fünf Minuten. Ich hatte mich gerade gesetzt, da flogen schon die ersten Kugeln, und Blut färbte in gewohnter Tarantino-Manier das Bild rot. Ein schöner Start. Aber es sollte noch besser werden. Viel besser.

Die Handlung: Da gibt es zunächst einmal den vermeintlichen Zahnarzt Dr. Schultz aus Düsseldorf, überragend dargestellt vom österreichischen Oscar-Gewinner Christoph Waltz. Schultz verdient sein Geld als Kopfgeldjäger. Er ist auf der Suche nach drei Brüdern und benötigt dabei die Hilfe des Sklaven Django (Jamie Foxx). Nachdem Schultz Django gleich zu Beginn des Films unter mehrmaliger Zuhilfenahme seiner Pistole befreit hat, tut sich das ungleiche Paar zusammen. Zuerst finden und erschießen sie die drei Brüder (Schultz: „Hier steht: tot oder lebendig“) und machen sich anschließend gemeinsam auf die Suche nach weiteren Verbrechern, die sie ohne Ausnahme zuerst töten und ihre Leichen danach bei den Gesetzeshütern abliefern.

Doch Django geht es nicht ums Geld. Er möchte vielmehr die Liebe seines Lebens befreien, seine Ehefrau Broomhilda von Shaft (Kerry Washington). Was mit ihr passiert ist, wird immer wieder in kurzen Rückblenden erzählt. Doch wirklich schlau wird man daraus nicht. Spiegel Online schreibt, dass weitere Szenen gedreht waren, die Licht in das Dunkel hätten bringen können. Diese sollen es jedoch nicht in den fertigen Film geschafft haben. Sei es drum: Broomhilda wurde irgendwann an den brutalen Plantagenbesitzer Calvin Candie (Leonardo DiCaprio) verkauft und muss nun für ihn arbeiten. Um sie aus dem Candyland herauszuholen, heckt Schultz gemeinsam mit Django einen Plan aus. Getarnt als Geschäftsmänner begeben sie sich auf eine blutige Rettungsmission, die nur einer von den beiden überleben soll.

Fontänen aus Blut, zersplitterte Knochen, explodierende Körper und Hunde, die einen Mann zerfleischen: Nein, Django Unchained ist nichts für schwache Nerven. Die unbekannte Sitznachbarin im Kino betrachtete während des Films wiederholt ihre Handflächen aus nächster Nähe. Und als bei einem rauen Kampf zwischen zwei Männern am Ende ein Hammer den Kopf des Unterlegenen zerteilt, hätte man im Saal ein Popcorn fallen hören können.

Es stimmt schon, was die Kritiker schreiben: Django ist vermutlich nicht Tarantinos bestes Werk. Es gibt Lücken in der Geschichte, manche Charaktere sind schwach und lieblos gezeichnet und vermutlich hätte man den Film mit etwas mehr Tempo auch gut in 90 oder 120 Minuten über die Bühne bringen können. Ich kann allerdings nicht behaupten, dass mir während der Zeit im Kinosessel jemals langweilig gewesen wäre. Die Längen waren nichts im Vergleich zu einem Somewhere von Sofia Coppola (nur so als Beispiel). Ich fühlte mich vielmehr prächtig unterhalten.

Da waren sie wieder, die grandiosen Dialoge, die man nur aus der Feder eines Quentin Tarantino kennt. Da gab es sie wieder, die überzeichnete Gewalt. Da spritzte es wieder, das künstliche Blut. Endlich waren sie wieder da, die schönen Erinnerungen an die Kill Bill-Filme. Und – nicht zu unterschätzen, niemals zu unterschätzen – da spielte sie wieder, die schöne Musik.

Genau wie die Bilder, die Charaktere, die Dialoge und die Handlung ist die Musik eines der Markenzeichen von Tarantinos Filmen. Wenn ich heute jemanden frage, ob er sich noch an die Musik aus Pulp Fiction erinnert, dann ist die Antwort meist „na klar“. Denn wer den Film einmal gesehen hat, dem geht Misirlou von Dick Dale und His Del-Tones so schnell nicht mehr aus dem Kopf. Nicht anders verhält es sich bei Kill Bill. Noch Wochen nach dem Kinostart begegneten mir Leute auf der Straße, die das markante fünftönige Leitmotiv aus Twisted Nerve von Bernard Herrmann vor sich her pfiffen (ganz zu schweigen von Nancy Sinatras „Bang Bang“). Es kann also mit Fug und Recht behauptet werden, dass Tarantino bisher ein glückliches Händchen bei der musikalischen Untermalung seiner Filme hatte.

Das ist bei Django nicht anders. Diesmal ist es dem 49-Jährigen sogar gelungen, sein großes Vorbild Ennio Morricone zu einer Zusammenarbeit zu überreden. Hatte Tarantino bereits bei seinen früheren Filmen auf Stücke des Italieners gesetzt, steuerte der 84-Jährige zu Django jetzt sogar einen eigens dafür komponierten Song namens „Ancora Qui“ hinzu. Eine ähnlich eingängige Melodie wie bei Kill Bill oder Pulp Fiction sucht man bei Django zwar vergeblich, doch passten die Lieder während des gesamten Films wieder hervorragend zu den Bildern. Sie untermalten nicht nur das Sichtbare, sie erzählten die Geschichte weiter – auf einer zusätzlichen Ebene.

Aus diesem Grund kann ich nur jedem empfehlen, sich Django einmal selbst anzusehen – und zwar im Original, also auf Englisch. Wenn der Weg dann anschließend zu iTunes, Amazon oder in den nächsten Plattenladen führt, dann muss das ja nicht schlimm sein. Schließlich bedeutet es doch nur, dass nicht nur Bilder uns ein Lächeln ins Gesicht zaubern können. Sondern dass die Musik eine ebenso große Rolle spielt. Und Tarantino weiß eben genau, welche Hebel er bedienen muss.

Zum Schluss noch der Titel-Song von Louis Bacalov – Django:

Django, have you always been alone? Django, have you never loved again? Love will live on, oh oh oh… Life must go on, oh oh oh… For you cannot spend your life regretting. Django, you must face another day. Django, now your love has gone away. Once you loved her, whoa-oh… Now you’ve lost her, whoa-oh-oh-oh… But you’ve lost her forever, Django. When there are clouds in the skies, and they are grey. You may be sad but remember they’ll all soon pass away. Oh Django! After the showers, the sun. Will be shining… Once you loved her, whoa-oh… Now you’ve lost her, whoa-oh-oh-oh… But you’ve lost her forever, Django. When there are clouds in the skies, and they are grey. You may be sad but remember they’ll all soon pass away. Oh Django! After the showers, the sun. Will be shining… Django! Oh oh oh Django! You must go on. Oh oh oh Django…

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