Wie man sich mit einem Tweet die Reputation versaut

Von Justine Sacco hatten bis zum Freitag vermutlich nur ein paar Menschen gehört. Dank eines Tweets hat sie es nun aber geschafft, innerhalb weniger Stunden die Aufmerksamkeit der Internetgemeinde™ auf sich zu ziehen. Das Problem: Sie selbst wusste es lange Zeit gar nicht.

Hinweis: Updates am Ende des Beitrags

Was war passiert? Am Freitag um 16.19 Uhr twitterte Sacco von London aus folgende vier Sätze:

Tweet 1

Es dauerte nicht lange, da liefen die ersten Beschwerden ein. Der Tweet sei verletzend, rassistisch und überhaupt mehr als anmaßend, heißt es in Kommentaren unter entsprechenden Artikeln, in Blogposts und natürlich auch bei Twitter. Mehr als einmal wird gefordert, dass ihr Arbeitgeber sie schnellstens vor die Tür setzen sollte.

Sacco arbeitet als Director of Corporate Communications für InterActiveCorp (IAC). Das US-Unternehmen wurde 1995 gegründet und hat mit Angeboten wie der Videoplattform Vimeo und der Datingsite Match.com ein paar große Internetmarken im Portfolio. Um Schadensbegrenzung bemüht, hat sich die PR-Abteilung von IAC schnell der Sache angenommen und den berichtenden Medien ein Statement zukommen lassen. Darin heißt es:

“This is an outrageous, offensive comment that does not reflect the views and values of IAC. Unfortunately, the employee in question is unreachable on an international flight, but this is a very serious matter and we are taking appropriate action.”

Und genau das ist das Problem. Sacco selbst hat von dem Echo auf ihren Tweet bisher vermutlich noch gar nichts mitbekommen. Aus ihren vorherigen Nachrichten geht hervor, dass sie auf dem Weg nach Afrika ist – mit dem Flugzeug. Dass ihre letzte Botschaft bislang mehr als 3.000 Mal retweetet und diverse Male kommentiert wurde, hat sie vermutlich noch gar nicht gemerkt. Dass sich die New York Times, die Huffington Post, der Hollywood Reporter und die International Business Time der Sache angenommen haben – von all dem weiß Sacco wohl noch gar nichts.

Auch diese Tatsache wird auf Twitter genüsslich zelebriert. So schreibt der Journalist Will Leitch zum Beispiel:

Und Twitter-Mitarbeiter Isaac Hepworth hat sogar einen Flug herausgesucht, den Sacco genommen haben könnte:

Grundsätzlich ist man sich einig, dass Sacco vermutlich den Schock ihres Lebens bekommen wird, wenn sie ihr Handy nach dem Flug wieder einschaltet. Immerhin hat sich die Zahl ihrer Follower in den vergangenen Stunden vervielfacht. Und dann kommen noch die ganzen Anrufe und Anfragen hinzu, unter anderem von ihrem Arbeitgeber.

Wenn man jetzt nach dem Namen Justine Sacco bei Google sucht, erhält man eine Liste von Treffern, die sich alle mit dem jüngsten Vorfall befassen. Die Reputation von Sacco dürfte auf absehbare Zeit erst Mal futsch sein. Allerdings darf sich darüber nun wirklich niemand wundern, der bereits in der Vergangenheit Dinge wie diese hier getwittert hat:

Tweet 2

Update: Justine Sacco ist mittlerweile gelandet. Nachdem zunächst nur der entsprechende Tweet gelöscht wurde, ist mittlerweile der ganze Account nicht mehr zu erreichen.

Update 2: In der Nacht hat jemand die Domain justinesacco.com registriert. Von dort wird derzeit auf die Hilfsorganisation Aid of Africa verlinkt. Und eine Fluglinie versuchte die Geschichte für Werbezwecke zu nutzen.

Update 3: Offensichtlich ist tatsächlich jemand in Südafrika zum Flughafen gefahren und hat dieses Foto gemacht, das angeblich Justine Sacco zeigt:

Update 4: Das Medienunternehmen IAC, für das Sacco zuletzt gearbeitet hatte, hat sich nun von seiner Mitarbeiterin getrennt, berichtet CNN. Firmensprecher Ryan Trostle wird mit den Worten zitiert: „We take this issue very seriously, and we have parted ways with the employee in question.“ Weiter heißt es: „We hope, however, that time and action, and the forgiving human spirit, will not result in the wholesale condemnation of an individual who we have otherwise known to be a decent person at core.“

2 Kommentare zu “Wie man sich mit einem Tweet die Reputation versaut”

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