Das TV-Internet-Paradoxon

15 Minuten dauert es, dann lächelt Kevin Costner als Robin Hood vom Bildschirm. Manchmal etwas mehr, manchmal etwas weniger. Wer um 20 Uhr beginnt, der kann sich nach den Nachrichten gleich dem Film widmen. Werbefrei, und oftmals auch in besserer Qualität – über den Beamer, ein hochauflösendes Display und natürlich in Dolby-Surround. Und er muss dafür nicht einmal den Fernseher einschalten.

Die Tagesschau gibt es bereits seit einiger Zeit im Internet als Live-Stream, der anschließenden Film lässt sich auf legalen oder illegalen Wegen ebenfalls über den hauseigenen Internetzugang beziehen. Wie, darüber wurde bereits ausreichend berichtet. Interessant ist hingegen, nach welchen Kriterien die Filme heruntergeladen werden. Also warum zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Film besonders gefragt ist.

Ohne Zweifel kann davon ausgegangen werden, dass bei einer Neuerscheinung (ob im Kino oder auf DVD), eine entsprechend hohe Nachfrage befriedigt werden will. Beim Suchmaschinenanbieter Google erhöht sich die Trefferzahl nach Erscheinen eines sogenannten Szene-Release um das Hundertfache und darüber hinaus. Download-Links von Sharehostern wie Rapidshare, Uploaded und Storage verbreiten sich in Sekundenschnelle auf Blogs, in Internetforen und auf Filmportalen. Spätestens dann sind auch erste Streaming-Angebote online, die das Abspielen des Films direkt aus dem Browser heraus möglich machen. Youtube lässt grüßen.

Nun zu Weihnachten und Neujahr ließ sich jedoch wieder ein Phänomen beobachten, dass an dieser Stelle als „TV- Internet-Paradoxon“ bezeichnet werden soll. Wann immer ein Film im freien Fernsehen legal zu empfangen ist, wächst sein Wert auch in Internetforen exponentiell. Zu Deutsch: egal wie alt ein Film, läuft er im Fernsehen, dann steigt auch die (illegale) Nachfrage im Internet.

Ein Blick auf das Fernsehprogramm vom 1. Januar 2010 zeigt, dass die Sender auf viele Konserven zurückgegriffen haben. Die Zuschauer sollen nach einer anstrengenden Nacht langsam auf das neue Jahr eingestimmt werden, so scheint es. Die ARD sendet „Catch Me If You Can“ von Steven Spielberg aus dem Jahr 2002, RTL „Batman Begins“ aus 2005, Pro Sieben erst die deutsche Produktion „Hui Buh – Das Schlossgespenst“, anschließend „Sleepy Hollow“ von 1999 und Kabel eins geht mit „Und täglich grüßt das Murmeltier“ aus dem Jahr 1993 auf Quotenjagd. Alle diese Sendungen starteten um 20.15 Uhr und finden sich, wie zahlreiche vorangegangene Sendungen, ganz oben in einschlägigen Foren. Auf boerse.bz zum Beispiel, einer deutschsprachigen Tauschbörse für alles, was in digitaler Form getauscht werden kann (Spiele, Programme, Filme, Musik etc.), stehen „Robin Hood“, „Catch Me If You Can“, „Batman Begins“ und „Sleepy Hollow“ ganz oben in den zeitlich aufgelisteten Forenbeiträgen. Neben ihnen finden sich hier auch alte Disney-Filme („Der Glöckner von Notre Dame“, „Bernhard und Bianca“ etc.) wieder. Auch sie liefen vor gar nicht langer Zeit über den Fernsehbildschirm. Teilweise laufen sie sogar noch.

Wirft man einen Blick auf andere Angebote wie iTunes oder Maxdome so wird schnell klar, dass sich diese Tendenz nicht auf die legalen Dienste niederschlägt. Bei iTunes werden die Bestseller-Listen von Neuerscheinungen und Sonderangeboten dominiert. Bei Maxdome zeigt sich ein ähnliches Bild.

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Es stellt sich also die Frage, warum sich so viele Menschen die Mühe machen, einen Film aufwendig in Foren ausfindig zu machen, anschließend herunterzuladen und ggf. sogar Kosten für Internet und Sharehoster zu bezahlen. Schließlich müssten sie nur den Fernseher einschalten, und könnten sich dann zurücklehnen. Liegt es an den Werbeeinblendungen? Liegt es an der zeitlichen Determiniertheit? Wollen sich die Konsumenten nicht (mehr) vorschreiben lassen, wann sie welchen Film zu sehen haben? Oder liegt es an ihrem Heimtheater, bei dem der alte Fernseher längst zugunsten von Beamer, Internetanschluss und Surround-Anlage auf den Dachboden abgeschoben wurde?

Wie dem auch sei. Es scheint, als ob die Programmplaner noch lange nicht ausgedient haben. Auch wenn sich niemand mehr so recht an ihre Vorgaben halten möchte, so sind ihre Gestaltungsideen nach wie vor Anlass für eine breite Internetgemeinschaft, ihren Entertainmentkonsum an das tägliche Fernsehprogramm anzupassen. Mit der Ausnahme, dass der Konsum längst nicht mehr vor dem Fernseher stattfindet.

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